Rudolf Wild GmbH - T15-ExReady

Flexibler Explosionsschutz für Industrie-PCs

Seit über 75 Jahren befasst sich die Rudolf Wild GmbH & Co. KG mit der Herstellung von Grundstoffen für alkoholfreie Getränke. Heute ist der Sohn des Gründers, Dr. Hans-Peter Wild, Inhaber des Ingredients-Produzenten WILD. Im Mittelpunkt stehen die Entwicklung und die Herstellung von natürlichen Farb- und Aromastoffen für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. INDAG, das Engineering Center von WILD, baut Ausmischsysteme, Abfüll- und Verpackungsanlagen, die in der eigenen Produktion sowie bei vielen Getränke und Nahrungsmittelherstellern im Einsatz sind. Das dritte Standbein des Unternehmers Wild ist die Entwicklung und der Vertrieb von Markenartikeln wie der Capri-Sonne, der weltweit am meisten verkauften Getränkemarke für Kinder. 
In der Pharma-, Chemie- und Lebensmittelindustrie und auch bei WILD werden häufig Substanzen verarbeitet, die mit Sauerstoff reagieren und damit eine explosionsfähige Atmosphäre bilden können. Industrie-PCs und andere Komponenten für die Automatisierung solcher Anlagen müssen hinsichtlich des Zündschutzes besondere Bedingungen erfüllen. Speziell für explosionsgefährdete Bereiche entwickelte Komponenten sind zwar am Marktverfügbar, doch sind diese wegen der geringen Stückzahlen relativ teuer. Zudem hinken die Sonderlösungen der allgemeinen technischen Entwicklung bei den Industrie-PCs hinterher. Die Anwender wünschen sich für den gesamten Produktionsbereich, ob explosionsgefährdet oder nicht, möglichst einheitliche Systeme bei überschaubarer Variantenvielfalt. Dieser Trend ist besonders im HMI-Umfeld (Mensch-Maschine-Schnittstelle) erkennbar. Unternehmensweite Bedien- und Beobachtungskonzepte lassen sich nur dann zeit- und kostenoptimal realisieren, wenn auf Standardlösungen zurückgegriffen wird. Bei WILD kommen hier Industrie-PCs von tci zum Einsatz, die optional mit einem Explosionsschutz ausgestattet werden können und damit alle relevanten Sicherheitsbestimmungen erfüllen. Ex-Zonen innerhalb prozesstechnischer Anlagen Das Risiko einer Explosion entsteht, wenn drei Bedingungen zusammentreffen: 1. Sauerstoff in ausreichender Konzentration, meist aus der Umgebungsluft, 2. eine brennbare Substanz in Form von Gas, Nebel oder Staub in gefährlicher Konzentration und 3. eine Zündquelle (elektrischer Funke oder eine erhitzte Oberfläche). Eine dieser Bedingungen muss sicher ausgeschlossen werden. Da man auf den Sauerstoff in die Umgebungsluft in der Regel keinen Einfluss hat, müssen die beiden Bedingungen „brennbar“ und „Zündquelle“ weiter betrachtet werden. 
Zuerst wird versucht, das Austreten brennbarer Stoffe ganz zu verhindern (primärer Explosionsschutz). Ist dies nicht realisierbar, muss sichergestellt werden, dass keine wirksamen Zündquellen vorhanden sind (sekundärer Explosionsschutz). Entsprechend des verbleibenden Risikos werden die betreffenden Produktionsbereiche in die Ex-Zonen 0, 1 und 2 für Gase und 20, 21 und 22 für Stäube eingeteilt. Die verbindliche Vorschrift dazu ist die ATEX Betriebsrichtlinie 1999/92/EG, welche die betriebliche Sicherheit mit allen Arbeitsmitteln in Anlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen regelt. Die ATEX Produktrichtlinie 94/9/EG legt die Regeln für die Herstellung von Geräten und Schutzsystemen für explosionsgefährdete Bereiche fest. Nach dieser europaweit gültigen Norm müssen alle Geräte zugelassen sein, die in Ex-Zonen betrieben werden sollen. Alle elektrischen Geräte müssen so konstruiert sein, dass sie als Zündquelle ausscheiden. 

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Ex-Zündschutzart Überdruckkapselung (Ex p)

Der Explosionsschutz für elektrische Betriebsmittel kann über verschiedene konstruktive Methoden erreicht werden. Eine universelle Möglichkeit ist die Überdruckkapselung (Ex p). Dazu wird im Gehäuse mit Luft oder einem Zündschutzgas ein Überdruck gegenüber der explosionsfähigen Umgebung erzeugt. Durch den ständigen Überdruck im mbar-Bereich kann aus der umgebenden Atmosphäre kein explosionsfähiges Gasgemisch ins gekapselte Gehäuse eindringen. Die Überdruckkapselung ermöglicht so den Betrieb von nicht explosionsgeschützten Geräten in explosionsgefährdeten Umgebungen. Vor jedem Start der eingebauten Geräte sorgt ein automatischer Vorspülvorgang dafür, dass das Ex p-Gehäuse von einem eventuell vorhandenen zündfähigen Gas freigespült wird. Die Vorspülung und der Überdruck für den laufenden Betrieb werden von einer Ex p-Steuereinheit geregelt und überwacht. Im Normalbetrieb wird nur so viel Luft benötigt, wie zum Ausgleich eventueller Leckverluste erforderlich ist. Bei sehr gut abgedichteten Gehäusen liegt der Luftverbrauch bei wenigen Litern pro Stunde. 
Im Vergleich zu anderen Zündschutzarten wie Sandkapselung (Ex q), druckfeste Verkapselung (Ex d) oder Vergusskapselung (Ex m) gewinnt die Überdruckkapselung bei Realisierung von HMI- Lösungen zunehmend an Bedeutung. Ausschlaggebend ist die Möglichkeit, dass PC-basierte HMI-Geräte aus Standard-Industriekomponenten direkt in die Gehäusefront eingebaut werden können. Damit sind auch im Ex-Bereich kundenspezifische IPC-Lösungen möglich, die je nach Bedarf flexibel erweiter- und hochrüstbar sind und einen langen Produktlebenszyklus gewährleisten.

Mit Spülgasadapter für den Ex-Bereich

Mit Standardisierungsgedanken im Hinterkopf hat man sich bei WILD die Frage gestellt, ob das bestehende Gerät Ex-tauglich gemacht werden kann. Die Vorteile wären vereinfachte und kostensparende Ersatzteilhaltung und eine schnelle Austauschbarkeit im Störungsfall. Nachdem der Fa. tci und den Ex-Spezialisten von Exepd diese Idee vorgestellt wurde, war die Entwicklung des neuen Ex p-Spülgasadapters angestoßen. Mechanisch passt der Adapter zum Lochbild des standardisierten Tragarmsystems, so dass der Adapter direkt auf die Panel-PCs der T15-ExReady-Serie montiert werden kann. Der Spülgasadapter wird mit einem passenden Ex p-Steuergerät verbunden, welches die Spülgasmengen für den Vorspülvorgang und laufenden Betrieb regelt und überwacht. Der erste Prototyp war im März 2008 fertig und seit Anfang 2009 ist das erste Gerät der Nullserie störungsfrei im Produktivbetrieb. Für das Steuergerät und den Spülgasadapter liegt eine Baumusterprüfbescheinigung nach der Richtlinie 94/9/EG vor, so dass keine zusätzlichen individuellen TÜV-Abnahmen erforderlich sind.

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Kommissionieren im Aromenbereich

Für das Zusammenstellen der verschiedenen Grundstoffe für die Produktion hat WILD Kommissionierplätze, die mit einer Waage und einem PC ausgestattet sind. Die Rezepturen werden auf dem Bildschirm angezeigt und vom Bedienpersonal entsprechend zusammengestellt. Da es bei der Arbeit mit den flüssigen und pulverförmigen Stoffen gelegentlich zum Austreten von Dämpfen oder Stäuben kommen kann, sind diese Produktionsräume als Ex-Zone 1/21 klassifiziert. Die erste PC-Lösung zur Kommissionierung der Aromen stammt aus dem Jahr 2000 und besteht aus einem Standard-PC in einem kühlschrankgroßen Edelstahlgehäuse, das mit Druckluft beaufschlagt wird. Anfang 2007 begannen bei WILD die Überlegungen, wie die in die Jahre gekommenen Systeme ersetzt werden können. Zu diesem Zeitpunkt waren in anderen WILD-Anwendungen bereits tci-Terminals der T15-Serie erfolgreich im Einsatz. Die lüfterlosen Panel-PCs haben ein rundum geschlossenes Edelstahl-Gehäuse, das nach WILD-spezifischen Anforderungen speziell gefertigt wird. Es erfüllt die Schutzart IP65 und ist voll lebensmittelkonform. Die Gehäuse sind leicht zu reinigen und haben keine Ecken oder Vertiefungen, in denen sich der Schmutz festsetzen kann. Mit der flachen Tastatur, einer glatten Oberfläche und einem integrierten Trackball entsprechen die Geräte höchsten hygienischen Ansprüchen.

Nutzen für den Anwender

Im explosionsgefährdeten Bereich können künftig dieselben Panel-PCs wie in den übrigen Produktionsbereichen eingesetzt werden. Möglich ist dies durch den Spülgasadapter, der in den Ex-Zonen einfach zwischen Tragarmsystem und Panel-PC montiert wird. Durch die Standardisierung ist nur noch ein Geräte-Typ mit zwei Board-Varianten am Lager. Die Wartung und Ersatzteillagerhaltung wird dadurch übersichtlicher und kostengünstiger. Konkrete Einsparungen werden auch sichtbar, wenn man die Kosten über den gesamten Lebenszyklus (TCO, Total Cost of Ownership) betrachtet. Zwei Drittel der Kosten entfallen auf das Edelstahlgehäuse als Spezialanfertigung. Dieses kann zehn Jahre und mehr genutzt werden. Im Störungsfall wird ein neuer Panel-PC eingebaut, auf dem zuvor die passende Softwareumgebung über ein Image installiert wurde. Den Austausch kann eine Elektrofachkraft in kurzer Zeit erledigen. Zur Wiederinbetriebnahme führt das Ex p-Steuergerät über den Spülgasadapter automatisch die Vorspülung durch und anschließend ist das System wieder betriebsbereit. Das gewährleistet kurze Stillstandszeiten und damit eine hohe Verfügbarkeit der Anlage. Ist bei den Panel-PCs eine neue Technologie verfügbar, ist der Umstieg bei Bedarf ohne zusätzliche Umbauarbeiten möglich. Gehäuse und Spülgasadapter werden einfach beibehalten. Aufwand und Kosten werden auch dadurch reduziert, dass durch die vorliegende Baumusterprüfbescheinigung weder eine Einzelzulassung noch eine jährliche TÜV-Prüfung erforderlich sind. Durch die Standardisierung sinken auch die Anschaffungskosten, da durch die kleinere Gerätevielfalt höhere Stückzahlen je Variante beschafft werden können. Eine Besonderheit der eingesetzten Panel-PCs ist die integrierte Systemüberwachung PreVision Control. Dieses intelligente Condition Monitoring System von tci besteht aus einem unabhängigen Hardware-Modul und einer speziellen Software. Das System kontrolliert die relevanten Systemkomponenten fortlaufend im Hintergrund und informiert das Bedienpersonal rechtzeitig über anstehende Servicearbeiten. Neben der Überwachung der Temperatur und der Steuerung der Lüfter wird auch die Helligkeit der TFT Hintergrundbeleuchtung automatisch heruntergeregelt und damit die Verlustleistung reduziert. Das ist besonderes bei warmen Umgebungsbedingungen von Vorteil. Das System verhindert wirksam die Unterbrechung von Produktionsprozessen durch verschleißbedingte Rechnerausfälle. Statt ungeplanter Ausfälle und fixer Serviceintervalle ermöglicht PreVision Control mit „Service on Demand“ die kostengünstigste Variante der Instandhaltung.